Gedenkfeier anlässlich des 250. Geburtstages unseres Wilhelm von Türk in Klein-Glienicke am Dienstag, dem 30.1.2024


Bericht von Wilhelm Petzholtz, Radebeul, den 4. Februar 2024:


In jedem Jahr am 8. Januar zum Geburtstag Wilhelm von Türks (übrigens wurde auch Wilhelm Petzholtz sen. an diesem Tag geboren) organisierte Bruder Gerhard eine Feierstunde am Grabe mit Schülern der gleichnamigen Schule. Dieser oft winterliche Tag eignet sich schlecht für die Teilnahme von weit her gereisten Türk-Nachfahren. Aber für mich sollte dieser besondere Geburtstag eine Autofahrt über 200 km wert sein.

Schließlich war in diesem Jahr zum 250. Geburtstag erstmalig eine Gedenkfeier in größerem Rahmen geplant. Aber zu Jahresbeginn läuft in der Öffentlichkeit Deutschlands nicht viel, wenn es mit Arbeit zu tun hat. Auch der erste Schultag nach den Weihnachtsferien fiel auf diesen Ehrentag.

Der für die Erinnerungskultur der Stadt Potsdam zuständige Mitarbeiter Tobias Büloff sieht eine wichtige Aufgabe auf seinem Sachgebiet in der Bewahrung des Erbes von W. v. Türk. Dafür sind wir ihm sehr dankbar!

So strebte auch Herr Büloff einen Termin im Januar für eine Gedenkfeier auf dem Alten Friedhof und in der Kapelle an.

Bekanntlich wird für den 26. April d.J. eine Festveranstaltung zur Erinnerung an Wilhelm von Türk vorbereitet. An diesem Tag vor 185 Jahren wurde diesem die Ehrenbürgerschaft der Stadt Potsdam verliehen. Im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (sogenannter Kutsch-Stall) soll diese mit Vorträgen und einem Empfang stattfinden.

Herr Büloff legte nun den 30. Januar für die Gedenkfeier fest. Leider konnte er nicht den Potsdamer Beigeordneten für Bildung, Kultur, Jugend und Sport dafür gewinnen. Aber er war bereit, selbst eine Begrüßungsrede an die Schülerinnen und Schüler zu halten (siehe weiter unten).

Gerhard bereitete die Veranstaltung mit Einladungen sowie Arbeiten auf dem Friedhof und in der Kapelle vor. Auch den Organisten, Herrn Matthias Thürigen, konnte er gewinnen.

Bereits vor 10 Uhr fanden sich am Dienstag alle 63 Teilnehmer auf dem sonnigen Friedhof ein.

Dazu gehörten 51 Schüler, 5 Lehrerinnen sowie die neue Direktorin der Türk-Schule –Frau Ulrike Kleissl, eine ehem. Schülerin unserer Mutter aus Werder.

Ein Friedhofsfreund Gerhards, das Urgestein des Ortes Inge-Motte und Karin Petzholtz waren auch dabei.

Gerhard empfing alle Teilnehmer rund um das geschmückte Grab unseres Jubilars mit begrüßenden Worten. Er freute sich mit uns, dass wir noch im Januar die Gedenkfeier abhalten konnten.

Zwei Schüler legten ein Ehrengebinde mit Schleife ab.



Alle Teilnehmer gingen an der Türk‘schen Grabanlage vorbei. Während des Läutens der Friedhofsglocke bildete sich am Glockenstuhl eine Warte-Schlange, denn viele wollten- wenn auch nur kurz- läuten. Bei diesem Stichwort sei am Rande vermerkt, dass die Hälfte der Kinder hörgeschädigt ist. Deshalb übersetzte eine Lehrerin als Gebärdendolmetscherin die Reden. Anschließend gingen alle in die Kapelle.

Der Herr Thürigen empfing uns mit Orgelklängen. Die Reihen waren gut gefüllt.



Gerhard stellte uns einige Teilnehmer vor und kündigte an, dass wir Brüder an einem abschließenden Gespräch- gegebenenfalls mit Fragen und Antworten - interessiert seien.

Nun sprach Herr Tobias Büloff sehr berührend zu den Mädchen und Jungen über Wilhelm von Türk (Begrüßungsrede siehe Anlage). In diesem Zusammenhang sprach er auch über seine Eindrücke vom Portraits des Malers Remy. Eine Kopie des Gemäldes hängt übrigens in der Schule. Es zeigt den Schulreformator am geöffneten Fenster seines Arbeitszimmers auf Türkshof mit Blick über den Griebnitzsee und auf Schloss Klein Glienicke. Türk wirkt von Ferne streng, doch bei näherem Betrachten auch mild mit freundlichen Augen.

Gerhard leitete die nun folgende Fragerunde.

Einige Schüler waren erstmalig in einem Gotteshaus. Andere stellten schon konkrete Fragen zur Orgel. Die Anzahl der Pfeifen – sie sprachen von „Röhren“ - konnten wir gar nicht sofort nennen, später ergab sich eine Zahl von reichlich tausend.

Auch das Gemälde von Superintendent Ludwig Petzholtz am Eingang führte zu dessen Frau, unserer Urgroßmutter Johanna von Türk, der Enkelin Wilhelm v. Türks.

Einige Schüler meldeten sich, als wir nach ihren Großeltern, also Oma und Opa, fragten. Aber eine Schülerin kannte sogar noch ihre Urgroßmutter.

Interessant war auch die Tatsache, dass der studierte Jurist Türk in seinem Richteramt viele Prozesse zu Straftaten Jugendlicher in ihrer Armut zu führen hatte. Da spürte v. Türk, dass er am Ende einer Kette freudlos agierte, ohne Änderungen bewirken zu können.

Die Bildung und Erziehung der Kinder an einer ausreichenden Anzahl von Schulen mit gut ausgebildeten Lehrern war dringend nötig. Nur eine Reform des Schulwesens könnte das bewirken.

Deshalb widmete er nun sein Leben diesem Anspruch und arbeitete auch mit Reformern wie Friedrich von Rochow (Reckahn) und Johannes Heinrich Pestalozzi (Yverdon) zusammen.

Gegen 11.30 Uhr endete eine würdige und alle befriedigende Feierstunde.



Aktuell ist über eine weitere freudige Tatsache zu informieren:

Soeben ging bei Gerhard eine Nachricht der neuen Direktorin der Wilhelm-von-Türk-Schule, Frau Kleissl, ein.

Er erhielt die „Nummer Eins“ eines von ihr geschaffenen Newsletters. Darin stellt sie sich nicht nur in ihrer neuen Funktion vor, sondern berichtet in Text und Bild auch über unsere Feierstunde zum 250. Geburtstag Wilhelm von Türks.



Begrüßungsrede von Tobias Büloff, Mitarbeiter der Erinnerungskultur der Landeshauptstadt Potsdam:


Liebe Familie Petzholtz,

sehr geehrter Herr Thürigen,

sehr geehrte Gäste,

liebe Lehrerinnen der Wilhelm-von-Türk-Schule,

aber vor allem: liebe Schülerinnen und Schüler,

als Mitarbeiter für die Erinnerungskultur der Landeshauptstadt Potsdam freue ich mich sehr, heute und hier dabei sein zu dürfen, um mit Ihnen und Euch an Wilhelm von Türk zu erinnern.

Der 250. Geburtstag! 250 Jahre. Das klingt ziemlich lang und ziemlich weit weg.

Aber über die Erinnerung, die wir gemeinsam pflegen, denke ich, kommt uns Wilhelm von Türk doch irgendwie recht nahe. Seine Erinnerung ist fester Bestandteil in unserer Stadt und in unseren Herzen. Schließlich ist nach ihm auch die Schule benannt, auf die Ihr geht; und ich finde es ganz toll, dass Ihr zusammen mit Euren Lehrerinnen heute wie auch in den vergangenen Jahren an den Geburtstag von Wilhelm von Türk erinnert.

Dieser Mann hat sehr viel für Potsdam und weit darüber hinaus getan.

Er war ein großer Wohltäter.

Er hat soziale Einrichtungen gegründet, die Schulen verbessert und sich um Hilfsbedürftige gekümmert.

Das, was Wilhelm von Türk damals geleistet hat – das ist für uns heute noch von großem Gewinn!

Vielleicht kennen Sie und kennt Ihr das schöne Gemälde von Wilhelm von Türk, das zu seinem 65. Geburtstag vom Maler August Remy gemalt wurde.

Man sieht ihn dort auf einem Stuhl sitzen vor einem offenen Fenster, das den Blick freigibt auf die Potsdamer Seenlandschaft. Die rechte Hand ruht auf der Stuhllehne, die linke ist in seinen Mantel geschoben. Seine Haare sind ein bisschen zerzaust. Von Weitem scheint Wilhelm von Türk recht streng zu schauen. Aber wenn man das Gemälde näher betrachtet, so schaut mir zumindest ein Mann entgegen mit einem milden Blick und warmen Augen.

Wilhelm von Türk war ein Pädagoge, also ein Schulmann durch und durch.

Was ist eigentlich eine gute Lehrerin, ein guter Lehrer? Eine gute Pädagogin, en guter Pädagoge?

Ein bisschen, meine ich, findet sich die Antwort im Gemälde, das Wilhelm von Türk zeigt und das sowohl Strenge als auch Milde vermittelt.

Der Potsdamer Professor für Erziehungswissenschaften, Dirk Richter, meinte einmal auf die Frage, was eine gute Lehrerin und einen guten Lehrer ausmacht:

„Ein guter Lehrer muss vor allen Dingen gut erklären können. Er muss sich in seinem Fach gut auskennen. Er muss pädagogische und psychologische Kenntnisse, aber auch Spaß am Unterricht haben und sich aktiv in die Schule einbringen. Und zu guter Letzt gehört natürlich auch Respekt und Wertschätzung gegenüber den Schülerinnen und Schülern dazu.“

Ich denke, all diese Fähigkeiten hatte auch Wilhelm von Türk, vor allem die Wertschätzung, den Respekt und die Liebe gegenüber Kindern. Nicht umsonst bezeichnete er seine sozialen Einrichtungen, die er gegründet hatte, als seine „Pflegekinder“.

Das macht Wilhelm von Türk bis heute zu einem großen Vorbild.

Vielen Dank!